Die Entwicklung der tibetischen Hunderassen ist durch unvollständige Dokumentation so wie der langen Isolation der tibetischen Region schwer zu rekonstruieren. Die Lage des Hochlandes und die außergewöhnliche Höhe (ca. 4500 m) der Ansiedlungen begünstigten sehr lange Zeit die Abgeschiedenheit und die unabhängige Evolution Tibets.
Die Besiedlung der Region erfolgte durch nomadisierende mongolische Stämme, die neben Schaf-, Ziegen- und Yakherden auch Pferde und Hütehunde mit sich führten. Letztere hatten nicht nur die Aufgabe, die Herden zu sichern, sondern dienten darüber hinaus der Bewachung des Zeltes und der Familie.
Das Leben der damaligen Stämme war durch jahreszeitlich bedingte Wanderungen zwischen Weiden- und Wohngebieten bestimmt, die durch die extremen klimatischen Bedingungen ausgelöst wurden. Von diesen unvorstellbaren und oft unberechenbaren Naturgewalten profitierte die „Bön-Religion“. Die wesentlichen Bestandteile dieser Naturreligion sind Beschwörungs- und Geisterrituale zur Abwendung des Unheils von Mensch und Tier. Nach der Gründung einer Art von Staatsgebilde unter Srongtsen Gampo, dem ersten König Tibets, gewann der Buddhismus im 7.Jahrhundert auch in Tibet an Einfluss. Durch die Vereinigung von alten Elementen der Bönreligion und dem neuen Glauben, kam es zur Entwicklung des Lamaismus. Diese Form des Buddhismus unterteilt das tibetische Volk in Lamas (Gelehrte) und Glaubenslaien. Bekannte Glaubenssekten des Lamaismus sind die „Rot“ - und die „Gelbmützen“. Vertreter der „Rotmützen“ beeinflussten das religiöse Leben am Mongolenhof, der durch die mongolische Einverleibung ganz Chinas in Peking residierte.
Dem Oberhaupt der „Gelbmützen“ verlieh der Mongolenherrscher Altan Chan im Jahre 1578 den Titel „Dalai Lama“, Ozean(gleicher) Lama. Die Dalai Lamas gelten als Reinkarnation Tschenresis, des buddhistischen Schutzpatrons Tibets.
In den folgenden Jahrhunderten erlebte Tibet eine wechselvolle Geschichte, an deren Ende 1951 die Okkupation durch China und 1959 die Flucht des jetzigen Dalai Lamas nach Indien stand.
In den 80er Jahren brachte der chinesische Öffnungsprozeß auch in der tibetischen Region eine größere Zugänglichkeit für ausländische Beobachter, die auch vereinzelt die Möglichkeit hatten, tibetische Hunde zu sehen.
Die tibetischen Rassen lassen sich grob in Freiland- und Wohnungs-/Klosterhunde einordnen. Der Tibet Terrier wurde als Hüte- und Wachhund eingesetzt, kleinere Exemplare waren als Wohnungshund geschätzt. Der Lhasa Apso zählt zu den Wohnungs- bzw. Klosterhunden und wird oft auch als „Löwenhund“ bezeichnet. Die Löwenhunde nehmen im Mythos der asiatischen Bergvölker eine besondere Stellung ein. Sowohl der Löwe, der der Wegbegleiter Buddhas gewesen sein soll, als auch der Hund sind im Kreislauf der Reinkarnation (Wiederverleiblichung). Der Glaube an die Wiedergeburt in Form eines Hundes führte in Tibet zu einer besonderen Einstellung zu diesen Tieren, deren Tötung ein Verbrechen war. Die Haltung und Züchtung der Löwenhunde erfolgte überwiegend in Klöstern. Dort war der Schneelöwe das züchterische Vorbild für die Löwenhunde, die, wie auch der Tibet Terrier, oft als Talisman verschenkt wurden.
Eines dieser Geschenke erhielt Dr. Agnes Greig 1924 in Indien von der Frau eines tibetischen Karawanenführers. Im Laufe der Zeit vergrößerte Frau Greig ihren Bestand an Tibet Terriern und Lhasa Apsos.
Der Ausbruch des 2. Weltkrieges und die damit verbundene Lebensmittelrationierung veranlasste Frau Greig, ihr züchterisches Interesse ausschließlich auf Tibet Terrier zu konzentrieren, da der Fortbestand der Lhasa Apsos durch andere Züchter gewährleistet war. Nach Beendigung des Krieges baute sie ihre Zucht unter dem Zwingernamen “Lamleh“ aus.
Infolge einer Auseinandersetzung mit dem englischen Zuchtverband zog sie sich aus der aktiven Mitarbeit zurück und versuchte die Rasse auch außerhalb Englands bekannt zu machen. 1956 sandte sie erste Tibet Terrier in die USA, nach Deutschland und die skandinavischen Länder. Zu diesem Zeitpunkt hielt sie über 100 Tibet Terrier, die sie größtenteils allein versorgte. Aufgrund einer Krankheit wurde Frau Greig 1972 in ein Krankenhaus eingeliefert, in dem sie nach einigen Wochen starb.
Der von ihr aufgebaute Zwinger wurde nach ihrem Tode unter dem Namen „Lehlam“ von Herrn und Frau Besley fortgeführt, die das Andenken an Frau Greig, ohne die eine europäische Zucht von Tibet Terriern schwer denkbar gewesen wäre, aufrecht erhielten